Warum tun sich die seriösen Unternehmen so schwer?
Viele Konzerne haben das Thema schlicht nicht für nötig gehalten. Die Prämisse war, dass man es vor allem mit institutionellen Anlegern zu tun hat. Dass es ausreicht, einmal im Jahr die Zahlen und das Unternehmen hübsch im Jahresbericht darzustellen. Ein dauerhaftes Narrativ für den Kapitalmarkt aufzubauen geschweige denn zu pflegen, spielte bislang kaum eine Rolle.
Viele Investor-Relations-Abteilungen sehen Storytelling auch nicht als ihre primäre Aufgabe an.
Das mag sein. Aber wenn viele neue Anleger:innen an den Markt kommen, ist es essentiell, das eigenen Narrativ auch zwischen Quartalsergebnissen und Jahresbericht zu steuern. Heutige Anleger:innen informieren sich vollkommen anders als institutionelle Anleger:innen. Ob man das Storytelling dann bei Investor Relations ansiedelt, es von der PR übernommen wird, oder das CEO-Office die Steuerung übernimmt, ist erstmal egal. Hauptsache, man tut etwas. Langfristig entsteht dadurch ein enormer strategischer Vorteil.
Zeigt Elon Musk, wie es richtig geht?
Er ist sicherlich der aktuell einflussreichste Storyteller, den es am Kapitalmarkt gibt. Und er besitzt die Macht, mithilfe des Storytellings kurzfristige Ziele zu erreichen. Ob das immer dem Wohle seiner Shareholder dient oder eher seiner eigenen Agenda, sei mal dahingestellt.
Die Deutungshoheit behält er jedenfalls bei sich.
Bis vor kurzem hätte ich das so unterschrieben. Im aktuellen Geschacher um seine mögliche Twitter-Übernahme legt aber auch er eine gewisse Wankelmütigkeit an den Tag. Und das ist natürlich gefährlich für sein Narrativ. Würde ein Kind von seiner Oma ein Märchen immer in anderen Versionen erzählt bekommen, würde es irgendwann auch nicht mehr an die Lehre aus der Geschichte glauben.
Trotzdem reicht ein Tweet von ihm aus, um den Kurs von Twitter zu stutzen.
Prinzipiell versteht er die Mechaniken von Narrativen und Social Media natürlich sehr genau. Das beweist schon Tesla: Die haben ihre Vision ja tatsächlich verwirklicht und waren eine der erfolgreichsten Aktien des letzten Jahrzehnts. Das liegt sicherlich auch stark daran, dass sie Storytelling extrem effizient genutzt haben.
Was können CEOs von Musk lernen?
Als erstes, dass es zum Standardrepertoire jeder IR-Abteilung und jedes CEOs gehören sollte, überhaupt auf Twitter zu sein und den Account auch regelmäßig zu nutzen. Da fängt es ja schon an: Viele machen das nicht. Dabei können CEOs via Twitter wunderbar die Kontrolle über die Newslagen gewinnen und das eigene Narrativ streuen. Damit das funktioniert, müssen sie aber auch regelmäßig an Debatten teilnehmen und eigene Themen setzen.