Marketing in Hollywood:

Das Kalkül mit der Liebe der Stars

Text von

Michael Remke, Director of Brand Protection LOOPING ONE LINKEDIN

Artwork von

Sofia Apunnikova, Senior Creative LOOPING ONE LINKEDIN
26.09.2024 5 MINUTEN

  • Steht die Trennung zwischen Pop-Superstar Taylor Swift und dem Footballer Travis Kelce kurz bevor? Ihre Sprecher dementieren – ABER:

  • Ein im Internet kursierender Media-Plan gibt angeblich Einblicke in die Kommunikation nach dem geplanten Break-up.

  • Gerüchte, die Promi-Liebe sei nur ein PR-Stunt, gab es von Anfang an. Es wäre nicht die erste arrangierte Romanze in Hollywood.

  • Wahre Liebe oder Fake-Beziehung? Stars profitieren von den „showmances“.

Taylor Swift und Travis Kelce trennen sich! Am 28. September 2024! Fast genau ein Jahr nach ihrem ersten öffentlichen Auftritt geht die Liebes-Romanze des Jahres zwischen der Pop-Ikone und dem Football-Star zu Ende!

Diese Meldung eines bevorstehenden Break-Ups des Promi-Paares sorgte Anfang September in den Sozialen Medien für Aufruhr.

Warum jetzt? Das fragten sich die Fans. Gab es nicht Gerüchte über einen bevorstehenden Heiratsantrag? Was ist passiert? Ist die Liebe plötzlich erloschen? Hat man sich auseinandergelebt? Long-Distance-Beziehungen - Taylor Swift auf ihrer weltweiten The Eras-Konzerttournee unterwegs, Travis Kelce im konservativen Kansas beim Football – sind schwierig, das weiß man, und funktionieren selten. 

Oder ist doch alles ganz anders? Kommt die angebliche Trennung gar nicht so überraschend? War am Ende die gesamte Liaison nur ein perfekt inszenierter PR-Stunt?

Angeblicher Media-Plan gibt genaue Anweisungen für die Trennung 

Zumindest wenn man den vermeintlichen Geheimpapieren glaubt, die Anfang September auf der Social Media Plattform Reddit ins Netz gestellt wurden, kann von einem plötzlichen Ende keine Rede sein. Demnach war die Trennung schon seit langer Zeit fester Bestandteil der Promi-Beziehung. Vielleicht sogar schon seit Beginn des Techtelmechtels? Wie nicht wenige glauben.

Unter der sperrigen Überschrift „Comprehensive Media Plan for Travis Kelce’s Relations Following Breakup with Taylor Swift“ soll die Agentur Full Scope PR den Footballer in einem Media-Plan im Detail auf die bevorstehende Trennung vorbereitet haben. Der Ton der Kommunikation sollte dabei „freundlich und respektvoll“ sein. Die Trennung erfolge im „gegenseitigen Einvernehmen“. Nach drei Tagen des „Medien-Wahnsinns“ nach dem Break-up, so heißt es in den mehrere Seiten langen Dokument, soll Kelce dann erste Interviews geben, in Vanity Fair oder People Magazin. Tenor: „Taylor und Kelce bleiben Freunde und wünschen sich gegenseitig nur das Beste.“

„Die Dokumente sind frei erfunden und wurden weder von uns erstellt noch autorisiert“, widersprach ein Sprecher von Full Scope PR in einem eilends herausgebenden Statement auf Instagram. Man werde „rechtliche Schritte gegen die Personen einleiten, die für die Fälschung der Dokumente verantwortlich sind“.  Reddit nahm daraufhin den angeblichen Marketing-Plan vorsichtshalber wieder von der Seite. Aber was steckt wirklich dahinter?

Gehören arrangierte Liebesbeziehungen zum Showbusiness?

In Hollywood gibt es immer wieder Spekulationen über arrangierte und von PR-Agenturen betreute Beziehungen, die lediglich aus Marketinggründen eingegangen werden. Diese so genannten „showmances“, PR-Aufführungen also, sollen die Aufmerksamkeit auf neue Projekte zu lenken helfen, negative Meldungen verdrängen, die Popularität steigern und die Marke stärken.
 
In einer Zeit, in der Promi-Beziehungen oft die Grenzen zwischen Authentizität und kalkulierter Öffentlichkeitsarbeit verwischen, gab es immer wieder Beispiele, bei denen gemutmaßt wurde, dass die Liebe eher PR denn echte Romantik war. So hielten sich hartnäckig Fake-Gerüchte über die 72-Tage-Kurzehe von Kim Kardashian mit dem Basketball-Star Kris Humphries, die die heute 43-Jährige endgültig zum Reality-Star machte. Oder was war mit „TomCat“, der Beziehung zwischen Tom Cruise und Katie Holmes? Auch Fake? Was mit den Gerüchten um Robert Pattinson und Kristen Stewart? Letztere waren nicht nur in der Fantasy-Serie „Twilight“ ein Paar, sondern sollen es auch im echten Leben gewesen sein. Der Popularität der Stars und deren Marktwert haben die Beziehungen immer geholfen. 

Auch Taylor Swift wurde in der Vergangenheit bereits Ziel von solchen Spekulationen einer „showmance“. Ihre Kurzbeziehung zu Tom Hiddleston soll, so vermuten nicht wenige Beobachter, ein Publicity-Stunt gewesen sein. Hiddleston war in jener Zeit als James Bond Nachfolger im Gespräch und Taylor Swift hatte sich gerade von Calvin Harris getrennt. Die mediale Aufmerksamkeit half beiden, auch wenn es für die Bond-Rolle am Ende nicht reichte.

Beweise für Inszenierungen solcher Fake-Romanzen gibt es keine. Nur wenige sprechen offen über das Thema. Einer davon ist Jack Ketsoyan. Der Hollywood-Publizist ist Gründer der Agentur Full Scope PR, die – wie es der Zufall will – Travis Kelce vertritt und den angeblichen Medien-Plan entwickelt haben soll. In einem früheren Podcast Interview gab Ketsoyan zu, „showmances zu orchestrieren“. Namen nannte er allerdings nicht. Das Ziel dieser Arrangements sei maximale „mediale Aufmerksamkeit, das „Profil des Stars steigern“ oder auch „negative PR kontern“. Die fabrizierten Liebeleien würden unter den Agenten der Stars vereinbart und können bis zu einem Jahr dauern, was im aktuellen Fall von Taylor Swift und Travis Kelce genau passen würde. 

Die Liebes-Romanze zwischen Pop-Sensation Swift und NFL-Star Kelce hatte im September des vergangenen Jahres begonnen. Damals tauchte die aktuell erfolgreichste Pop-Sängerin bei einem Football-Spiel der Kansas City Chiefs auf. Fans aus Showbusiness und Sport waren begeistert über das neue Promi-Paar. Andere fragten sich, ob die Beziehung echt oder arrangiert sei. Aus marketingtechnischer Sicht zumindest war diese "Romanze" für beide Seiten vorteilhaft und trieb ihre Karrieren weiter voran.

Taylor Swift das PR-Genie: „Break-Up Songs machen so viel Spaß“

Taylor Swift gilt seit langem als Meisterin, ihr Privatleben für öffentliche Aufmerksamkeit zu nutzen. Ihre romantischen Erfahrungen lässt sie gerne in ihre Musik einfließen. „Ich liebe Break-up Songs“, hatte sie vor ein paar Jahren bei einem Auftritt beim US-Sender NPR gestanden. „Sie machen so viel Spaß.“ 

Viele ihrer öffentlich gezählten Beziehungen, von Jake Gyllenhaal bis Joe Alwyn, finden sich in ihren Songs wieder und haben zu Rekordverkäufen ihrer Alben geführt. Auffällig war immer:  Das Medieninteresse an ihrem Liebesleben fällt stets mit der Veröffentlichung neuer Alben oder großen Welttourneen zusammen. Auch die Gerüchte um Travis Kelce kamen aus Sicht des Marketings zu einer perfekten Zeit: mitten in ihrer laufenden weltweiten "The Eras Tour" und der Wiederveröffentlichung alter Alben. 

Mit der Beziehung zu einem Footballer verknüpfte Swift überdies geschickt zwei große Zielgruppen – ihre treue Fangemeinde, die „Swifties“, und die vorwiegend männlichen NFL-Zuschauer. 

Travis Kelce: Vom einfachen Sportstar zum Hollywood Celebrity

Profitiert hat aber auch Travis Kelce. Als erfolgreicher American Football-Spieler ist er ein Star. Abseits des Spielfeldes kannten ihn aber nur wenige. Die Verbindung zu Taylor Swift hob ihn nun auf eine neue Berühmtheitsstufe. Nicht nur die Verkäufe seiner Trikots mit der Nummer 87 sind in kurzer Zeit um 400 Prozent gestiegen. Sein neuer Fünf-Jahres-Vertrag bringt dem 34-Jährigen mehr als 46 Millionen Dollar ein, plus zehn Millionen Bonus allein für seine Unterschrift. Vergleichbar bescheiden fiel dagegen sein alter Vier-Jahres-Vertrag von knapp über drei Millionen Dollar aus.

Travis Kelce gehört durch Taylor Swift mittlerweile zu den Top-5 der bestbezahlten Profis. Selbst sein Podcast „New Heights“, den er zusammen mit seinem Bruder Jason betreibt, wurde mit einem Zuwachs von 1300 Prozent an Zuhörern auf Spotify zu einer unerwarteten Geldquelle.  Im August dieses Jahres kaufte das Podcast Studio Wondery die Rechte von „New Heights“ für mehr als 100 Millionen Dollar.

Vom Medien-Hype um Travis Kelce profitiert mittlerweile auch die Profiliga NFL. Diese versucht schon seit langem ein jüngeres Publikum, insbesondere junge Frauen, für sich zu gewinnen. Bisher allerdings eher erfolglos. Mit Taylor Swift im Stadium der Kansas City Chief meldete die Liga prompt einen Anstieg von fast zehn Prozent an weiblichen Zuschauern. 

Während die Medien jedes Detail der Glamour-Beziehung unter die Lupe nehmen, findet sich Kelce plötzlich im Rampenlicht der Celebrity-Kultur wieder. Diese neue Aufmerksamkeit könnte ihm Türen über den Football hinaus öffnen, einschließlich lukrativer Werbeverträge, Modepartnerschaften und möglicherweise auch Filmrollen nach seiner Karriere. Schon länger kursieren Gerüchte, dass Kelce zum neuen „The Rock“ aufgebaut werden soll und den mit 52 Jahren langsam in die Jahre kommenden Actionstar Dwayne Johnson ersetzen könnte. 

Echt oder inszeniert: Die Swift-Kelce-Romanze ist ein Marketing-Triumph

Ob die Beziehung zwischen Taylor Swift und Travis Kelce echt oder eine kalkulierte PR-Strategie ist, weiß womöglich niemand außer ihnen beiden. Fakt ist jedenfalls: Beide profitieren von der Aufmerksamkeit. Im Zeitalter sozialer Medien und 24-Stunden-Nachrichtenzyklen sind Promi-Beziehungen zu mächtigen Werkzeugen für das Karrierewachstum geworden. Die Verbindung zwischen Swift und Kelce schlägt die Brücke zwischen zwei großen Industrien und ermöglicht es beiden Stars, ihre Reichweite zu erweitern und von der Schnittmenge von Musik, Sport und Popkultur zu profitieren.

Daran würde auch eine angeblich geplante Trennung an diesem Wochenende kaum etwas ändern. Im Gegenteil: Ein Break-up sorgt vermutlich auf Jahre für weitere Geschichten in den Sozialen Medien: Spekulationen über die wahren Gründe für das Liebes-Aus, über eine mögliche Versöhnung. Auch solche Geschichten erhöhen die Sichtbarkeit und damit den Marktwert der beiden. 

Falls die Beziehung nur inszeniert ist, muss man anerkennen: Diese Romanze ist ein Marketing-Triumph. Aber wenn die Liebe echt ist – dann wäre sie nichts weniger als ein unternehmerischer Glücksfall für beide, so wirkungsvoll, dass man sie glatt hätte erfinden müssen.

Zur Person

Michael Remke ist seit 2018 bei der Looping Group in Berlin. Als Director of Brand Protection und Leiter der Unit unterstützt er Unternehmen bei einer sicheren Markenstrategie. Zuvor war der Diplom-Politologe viele Jahre US-Korrespondent für verschiedene Zeitungen des Axel Springer Verlages und andere deutsche Magazine in New York.

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